Tag 67
Reisetag. Enja hat gesagt, in Dubai gibt es freies WiFi und ich hätte genug Zeit zu schreiben. Ich bin zwar hundemüde nach einem Nachtflug mit erbärmlichem Essen, aber ganz unrecht hat die Frau nicht. Jetzt sitze ich hier am Gate A18, nachdem ich bei C6 gelandet bin und somit Dubai International Airport einmal durchquert habe. Ich wollte zu Fuß gehen, um mir Bewegung zu verschaffen und Zeit zu überbrücken. Ich habe es nicht geschafft. Alle Schilder führen immer wieder zum Zug zwischen den Terminals. Sogar vom Benutzen der Rolltreppe wird abgeraten. Der Lift sein schneller und sicherer. Das tut einem Menschen nicht gut. An irgendeinem Tag habe ich geschrieben, dass wir Menschen gestalten wollen, wir wollen produzieren, erschaffen, Einfluss nehmen. Es ist nicht gut, wenn uns Dinge abgenommen werden. Wir stöhnen und jammern, aber ein zu bequemes Leben macht uns krank. Nun denn. Bei Giraffe World Kitchen habe ich mir einen Mango Lassie bestellt. Bei meinem Lieblings-Inder in der Friedrichstraße würden sie sich nicht trauen, dafür Geld zu nehmen.
Dubai ist der perfekte Ort nach dem Bali Mandala. Größer könnten die Kontraste nicht sein. Im Flieger habe ich gelesen, dass der Ort des heutigen Dubai seit ungefähr 4.000 Jahren besiedelt ist. Davon 3.950 Jahre ohne irgendwelche Entwicklung. Dann wurde Ende der 1960er Jahre Öl gefunden und Geld. Hier ist alles künstlich. Nichts ist älter als 50 Jahre, alles ist von außen mit Geld gemacht, nichts ist von innen gewachsen.
Rainer hat zum Abschied zu mir gesagt „pass auf deine Seele auf“. Da bin ich hier richtig. Noch nicht einmal der Sand für den Beton der Gebäude ist von hier. Der muss importiert werden, weil der Wüstensand sich nicht verarbeiten lässt. Der ist nur für Wüste gut. Der sehr freundliche Kellner kommt aus Kenia, der Bursche, der mir den Lassi gemacht hat von den Phillipinen, die Kaffeemaschine, der Kaffee und der Montepulciano sind aus Italien, daneben ein roter aus Spanien, die Chips aus Großbritannien, das Bier aus Holland oder Indien und das Paulaner-Hefeweizen aus München. Hier ersetzt Geld innere Prozesse. Schöne Menschen, schöne Ware, alle Luxusartikel die man sich vorstellen kann, sind hier versammelt. Im Grunde ist es eine Filmwelt, eine Kulisse, in die man eintauchen und die man auch wieder abschütteln kann. Eine schöne Aufforderung an mich, Entscheidungen zu treffen. Boarding.