Tag 50

Tag 50

Der erste Tag im neuen Jahr, der erste Tag nach der Silvesterparty. Ich war mal wieder der Letzte, der DJ hat irgendwann „Hit The Road Jack“ gespielt und das war dann recht eindeutig. Schön gefeiert, schön abgetanzt. Wenn man schon von der Anreise platt ist, kann man wenigstens beim Abhotten mit gutem Beispiel vorangehen. Ich habe während der gesamten Party nicht eine Sekunde gesessen. Eine laute und gut verständliche, innere Stimme hat mir gesagt „Alter, wenn du dich auch nur einmal auf den Arsch setzt, pennst du sofort ein. Tanze, beim Tanzen ist noch keiner eingeratzt.“ Nach dem Frühstück die Wünsche zum neuen Jahr und das Fazit zum alten Jahr mit lieben Menschen aus der Heimat ausgetauscht und dann den Beschluss gefasst, nichts zu tun. Gestern war ich noch zu sehr von den Eindrücken der Reise zugeballert, heute hatte schon ein Auge für die Umgebung. Grüner Reichtum und liebevolle Arrangements. Noch brauche ich keinerlei Action, noch reicht mir das hier und bei mir sein. Zum Mittag- und Abendessen ruft ein Gong. Nach dem Mittagessen bin ich mit einer Mitbewohnerin im Gespräch hängengeblieben. Zum Schluss waren wir beim inneren Kind. Auch gestern gab es tiefe und intensive Gespräche beim Feiern und Tanzen. Es scheint, dass sich hier Menschen abseits der Oberflächlichkeit einer üblichen Touristenanlage einfinden. So steht es zwar auch auf der Internetseite des Bali Mandala, aber zwischen Anspruch und Wirklichkeit klaffen ja häufig wahre Abgründe. Hier wohl eher nicht.

Nach dem Gespräch habe ich mich einem Mittagsschläfchen hingegeben. Schon cool, wenn man sich im Januar einfach auf der Terrasse hinlegt und gut is… 🙂 Keine Decke nötig, im Gegenteil, mein Körper akklimatisiert sich langsam und ich schwitze nicht mehr ununterbrochen. Mit dem Bedürfnis, mich weiter um mein inneres Kind zu kümmern aufgewacht. Arbeitsbuch rausgekramt und losgelegt.

Inzwischen bin ich in dem Kapitel angelangt, wo es um den Erwachsenen von heute geht und seine Möglichkeiten, dass innere Kind zu unterstützen, es zu heilen und vor allem die Regie für das Leben im Heute vom inneren Kind zu übernehmen. Eine wunderbare Begegnung mit mir selbst entsteht durch die geführten Übungen. Nicht mehr aus dem Untergrund der verborgenen Verletzungen in der Gefühlswelt eines kleinen Jungen ferngesteuert zu werden, ist ein lohnenswertes Ziel und jeder Schritt in diese Richtung fühlt sich großartig an. Ein zäher Prozess, tief in meine Glaubenssätze eingegrabene Überzeugungen sind ein hartnäckiger Gegner, wenn sie denn so hinderlich sind, wie ich es in meinem Falle empfinde, doch die Auseinandersetzung führt zu Verständnis meiner selbst, zu Vergebung, zu Veränderung und zu echten Glücksgefühlen.

Danach Kopfhörer auf die Ohren, geile Mucke auf Maximallautstärke und erstmal durch die Bude getanzt. 45 Minuten Tanzen erfordern bei dieser Umgebung eine Dusche und einen kompletten Bekleidungswechsel. Die Wäscherei hier wird sich an mir eine goldene Nase verdienen. Dann ruft der Gong zum Abendessen. Bisher hat mir alles geschmeckt und beim Essen ergeben sich wieder gehaltvolle Gespräche. Keiner ist zufällig hier.

Jetzt sitze ich in der offenen Lounge bei meinem ersten balinesischen Bier und schreibe diese Zeilen, während 10 Meter links von mir der indische Ozean an unsere gemauerte Terrassenerhöhung klatscht. Geht so… 😉