Tag 58
Die Dinge fügen sich. Allerdings langsam, Stück für Stück. Bali, die Menschen hier, die Gespräche und die Anregungen aus Deutschland bilden eine sehr fruchtbare Grundlage für Entwicklung, wenn man gewillt ist, Entwicklung zuzulassen. Hier herrscht eine ganz besondere Energie und inzwischen bin ich heilfroh, dass Indien auf dieser Reise ausfällt. Danke Michael, für die Idee, dass ich hier gut aufgehoben sein könnte. Treffer. Vor elf Monaten war ich auf meinem NWTA und habe in einem kleinen Büchlein den Satz notiert „ich erschaffe eine Welt voller Liebe, indem ich loslasse und mein Potenzial lebe.“ Der Satz kam zu mir, er war einfach da. In 2018 habe ich Stückchen für Stückchen mein Potenzial freigelegt, einen immer größeren Blick auf die mir innewohnenden Möglichkeiten werfen dürfen. Wenn ich es messen müsste, würde ich sagen, dass ich inzwischen 93 % meines Potenzials sehe. Keine Ahnung wo diese Zahl herkommt, sie ist eben da. Die restlichen 7 % liegen noch unter Angst verborgen. Angst vor meiner Größe, Angst vor meinen Möglichkeiten. Wer bin ich, dass ich es besser weiß, dass ich mehr geben kann als andere, dass ich Botschaften habe? Ich hatte ja schon immer eine große Klappe, aber ich habe eben auch die tiefe Angst, aus der Herde ausgestoßen zu werden.
Zum Jahreswechsel erhalten wir alle im Zeitalter des Smartphones unübersehbare und unmerkbare Mengen von lieb gemeinten Wünschen und Sinnsprüchen für das neue Jahr. Einer davon drängt sich mir gerade, zumindest sinngemäß, ins Bewusstsein. „Wir müssen dem alten Jahr danken und es gehen lassen, damit wir Platz schaffen für das neue Jahr und es gut werden kann.“ Mir ist heute im Laufe des Tages klar geworden, dass jetzt für mich die Prüfung des Loslassens ansteht. Es gibt keinen nahtlosen Übergang, auch nicht in meinem Leben, auch nicht bei der Frage, wie ich mein Leben künftig gestalte. Die Dinge in mir und die Nachrichten aus Deutschland fordern mich gerade dazu auf, loszulassen, ohne konkret zu wissen, was sein wird. Das Loslassen, das Risiko, der Sprung ins ungewisse, das Aushalten von Unsicherheit, nichts weiter zu haben als Glauben und Vertrauen und auf dieser Grundlage zu handeln, darum geht es. Immer wieder. „Nur wenn ich vorher loslasse, sind meine Hände frei, um etwas Neues zu greifen.“ Auch so ein uralter Spruch aus irgendeinem Seminar, das ich irgendwann mal besucht habe oder aus irgendeinem E-Mail Anhang, der sich in einem kleinen Teil meines Gehirns eingenistet hat. Meine Freundin Lille hat auf Facebook vor ein paar Tagen ein Bildchen gepostet, dass im Grunde die Richtschnur des Handelns, das jetzt für mich ansteht, auf wundersame Weise zusammenfasst. „Will ich das?“, unterschiedlich betont.
WILL ich das?
Will ICH das?
Will ich DAS?
Diese drei Schreibweisen werde ich als Automatikprogramm in mir verankern. Sie sollen in Sekundenbruchteilen ablaufen, wenn das Leben einen Verzweigung punkt bietet.
Das Loslassen ist die Herausforderung. Diese Tage hier auf Bali sind die Verdichtung einer sehr, sehr langen Entwicklung. Dieser besondere Ort mit seiner besonderen Energie schafft Klarheit und nimmt Ausreden. Fast hätte ich geschrieben er nimmt Ängste. Nein, nimmt er nicht ganz und das ist auch gut so. Es braucht Angst, damit man Mut und Ernsthaftigkeit unter Beweis stellen kann. Es geht ja auch nicht um lari-fari, es geht darum, Potenzial zu leben. Das ganze Potential zu leben.
Falls euch dieser Text seltsam verwirrt vorkommt, ja, isso. Ihr braucht euch aber keine Sorgen zu machen. Bildlich gesprochen wurde jede Erkenntnis und jeder Gedanke dieser Reise auf ein auf ein Blatt Papier geschrieben und hübsch hintereinander abgelegt. Jetzt kommen so langsam die Gedanken und Erkenntnisse, die irgendwie eine Klammer um das Ganze bilden, ein Fazit. Meistens sind die Texte einfach aus mir heraus geflossen. Ganz einfache Geburten. Ich denke, jetzt bin ich in der Phase der großen Wellen angelangt. Ich tue mich schwer mit klaren Gedanken, mit klaren Bildern, die ich nur abschreiben muss. Vor dem Sprung auf die nächste Ebene setzen eben noch mal Verwirrung und Unklarheit ein. Da müssen wir durch. Isso.